Gewissenlose

Gewissenlose

von Walther

Herr Becher* kam vom guten Wege ab:
Er schrieb nicht, was er sah, woran er glaubte,
Als ihm das Staatsamt sein Gewissen raubte.
Er scheiterte in Gänze, aber knapp.

Als man die Klitterung einmal entstaubte,
Da brach das Versmaß fast den dürren Stab.
Er liegt in einem kühlen Hauptstadtgrab:
Ich sah ihm zu, als sich ein Baum entlaubte.

Johannes*, der viel Schierlingsbecher mischte,
Beschwor die Größe einer Mordsfigur,
Die meuchelnd durch ein langes Dunkel zischte:

Der Stählerne** war nichts als Machtgier pur.
Als Becher sich in Urach einst erfrischte,
Da schrieb er noch Sonette von Statur.

* Johannes R. Becher
** Stalin

Das Sonett erschien im Band „So nett gelebt – Zweites Buch“, S. 124. Es wurde mit einer Sonderauszeichnung anläßlich des Lyrikwettbewerbs Uracher Gedicht 2017 versehen.
Das Essay zum Gedicht: Essay: Freiheit, die ich meine – Was Johannes R. Becher, Viktor Orban, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan gemeinsam haben

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