Cover Rackwitz Urknallstaub

Nicht angestaubt – nein: glänzend

Rezension von Walther Stonet

Thomas Rackwitz, Urknallstaub, Lyrik Edition NEUN Nr. 27, Verlag der Neun Reiche, Berlin 2024, ISBN 978-3-948999-27-8, 32 Seiten, 125×190 mm, Fadenheftung, illustrierte, nummerierte und signierte Ausgabe, Normalausgabe (Broschur): 9 Euro
Vorzugsausgabe (Hardcover): 33 Euro — limitiert auf 9 nummerierte und signierte Exemplare mit einem Original-Linolschnitt von Steffen Büchner (Sammlerexemplare ohne ISBN, außerhalb des Buchhandels).

Es ist durchaus nicht immer eine reine Freude, einen Gedichtband zu besprechen. Das mag daran liegen, dass insbesondere die kleinste Form der Sprachkunst zugleich die privateste und emotionalste ist. Weil es so leicht scheint, Poesie zu schreiben, sodass sich jede und jeder berufen fühlt, solche zu verfassen. Weil dieses kleine Kunstwerk in der Rezeption sich der sachlichen Betrachtung zu entwinden scheint und daher Kritik immer auf ein Nicht-Gefallen reduziert zu werden droht.

Der kleine Band von Thomas Rackwitz ist genau das: reine Freude. In seinem Sonettkranz…
Jetzt wird klar, warum der Rezensent von reiner Freude spricht, schreibt er doch ebenfalls Sonette. Brothers in crime. So einfach und so falsch …

am rande dieser lichtverschmutzten stadt
versteh ich nicht, warum ich dir verschweige,
wozu es gut ist, dass nichts wirklich bleibt.

Das zweite Terzett aus dem neunten Sonett des Sonettkranzes (S. 13)  macht klar, warum alles anders ist, als es aussieht. Denn es kommt darauf an, wie man mit der Sprache umgehen kann. Es kommt nicht darauf an, dass man sie schreibt. Oder rezitiert. Oder singt.

die jahresringe ändern sich im licht,
es kommt die nacht, die deine seele überschreibt,
wenn alles, was nie war, von vorn beginnt.

Das zweite Quartett aus dem 15. (S. 19), dem Meistersonett, das alle letzten Verse der vierzehn Sonette eines Sonettkranzes vereint, lässt spätestens erkennen, dass ein Meister tätig war, als dieser Kranz entstand. Und der kann nur das? Nein, der kann mehr:

vorbei sei die zeit der zaubersprüche, heißt es. 
eröffnet die treibjagd die böschung hinab.
hufe knicken um im geröll. motoren bellen.

Die drei ersten Verse (S.31) des dritten Gedichtes des Triptychons „harzland, unreife gegend“, das eine poetische Ode an die Heimat des Autors ist, beweist, dass da mehr ist als „nur Sonette“. Thomas Rackwitz ist ein Poet, der sich in alten Formen auskennt und sie, wo nötig, überwindet. Zugleich ist er eine der besten Vers-libre-Dichter, die wir gerade im deutschsprachigen Raum bei uns haben. Wir sollten uns geehrt fühlen, dass es ihn gibt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert