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Alltagshelden des Monats

Geschichte von Ivonne Hufnagl

 

Heute schreiben wir wieder über unsere Heldin des Monats. Emmas Geschichte ist wirklich einzigartig, und, bevor wir diese mit Ihnen teilen, möchten wir Menschen zu Wort kommen lassen, die Emma sehr dankbar sind.
Die erste ist Emmas jüngere Schwester Sarah (32).
I: Sarah, erzählen Sie uns etwas über Emma. Was ist typisch für sie?
S: Emma war schon immer ein besonderer Mensch. Sie hat nie an sich selbst gedacht, sondern immer nur an andere. Als Kind hat sie immer verletzte Tiere nach Hause gebracht, sogar Insekten. (lacht) Sie hat unsere Eltern wahnsinnig gemacht, aber sich nicht von ihrem Weg abbringen lassen. Später hat sie dann ihr ganzes Taschengeld für ärmere Mitschüler ausgegeben. Aber immer so, dass die das nicht bemerkt haben. Sie hat ihnen heimlich Geld in die Jackentasche, oder in den Schulranzen gesteckt. Unser Vater hat sie deshalb streng bestraft, aber sie hat es jede Woche wieder getan, bis sie kein Geld mehr bekommen hat.
I: Sie hat das bis heute weitergemacht. Wie hat sie heute den Menschen geholfen?
S: Auf jede erdenkliche Weise. Unter der Woche hat sie hart gearbeitet, um möglichst viel Geld zu verdienen, wie sie immer betont hat. Sie hat aber nur in einem kleinen Appartement gewohnt, das meiste Geld hat sie an arme Familien oder Menschen auf der Straße verteilt. Und am Wochenende hat sie ehrenamtlich im Tierheim und auch im Altenheim gearbeitet.
I: Wie war Ihre Beziehung zu Emma?
S: Emma war die beste Schwester, die ich mir je vorstellen habe können.

Vor einem Monat hat Emma einem siebenjährigen Mädchen in der Innenstadt geholfen, ihre Eltern zu finden.
I: Lina, hattest du damals große Angst?
L: Ich habe ganz doll geweint und nach Mama geschrien.
I: Und dann kam Emma und hat dir geholfen.
L: (nickt eifrig) Sie hat gesagt, dass wir sie finden und mich dann hochgehoben.
I: Wie habt ihr sie denn gefunden?
L: Wir sind in jeden Laden, und da war dann Mama aufgeregt in einem Laden. Da hatte sie nach mir gesucht.
I: Und dann hat Emma euch noch zum Essen eingeladen?
L: (grinst) Ich hab einen riesen Eisbecher bekommen.

Emma hat vor einigen Wochen den Obdachlosen Ben (25) kennengelernt.
I: Ben, wie haben Sie Emma kennengelernt?
B: Ich hab eine echt schlechte Zeit mitgemacht. Ich hab es mir im Park mit einer Flasche Bier bequem gemacht und wollte meinen Tag ausklingen lassen.
I: Und dann kam Emma?
B: Sie hat sich einfach neben mich gesetzt. Das macht nie jemand. Ich hab auch nicht besonders toll gerochen und sah echt besch*en aus.
I: Was ist dann passiert?
B: Wir haben geredet. Eine Ewigkeit. Ob es mir zurzeit nicht gut gehe, wie ich den Tag verbracht habe. Was ich gerne in der Zukunft machen würde. Es war so, als ob wir uns schon kennen würden. Gar nicht unangenehm.
I: Hat sie Ihnen auch Geld gegeben?
B: (schüttelt den Kopf) Das wollte ich nicht. Und sie wollte auch unbedingt, dass ich bei ihr übernachte, doch ich wollte ihre Hilfsbereitschaft nicht ausnutzen. Ich musste ihr aber versprechen, sie am nächsten Abend wieder zu treffen.
I: Und das haben Sie dann auch.
B: (lächelt) Es war richtig schön. Sie war zuerst da und hat ein kleines Picknick vorbereitet. Das ging dann eine Woche jeden Abend so, bis sie mich überzeugen konnte, sie am Wochenende ins Tierheim zu begleiten.
I: Haben Sie ihr bei der Arbeit geholfen?
B: Wir haben mir neue Klamotten gekauft, und dann habe ich den ganzen Tag beim Füttern, Saubermachen und Pflegen geholfen. Das Tierheim ist sehr groß und hat viele Tiere, die sie erst aufpeppeln müssen.
I: Und in der Nacht haben Sie wieder auf der Straße geschlafen?
B: (schüttelt den Kopf) Emma konnte es einrichten, dass ich für den Nachtdienst zur Probe eingestellt wurde. Ich darf dort übernachten und verdiene auch ein wenig Geld.
I: Wo sehen Sie Ihre Zukunft?
B: ich möchte weiterhin beim Tierheim arbeiten und kann dort vielleicht eine Ausbildung zum Tierpfleger beginnen. Ich bin jetzt auch auf der Suche nach einem Eigenheim, da ich bald einen festen Arbeitsvertrag bekomme.

Unser letzter Befragte ist der 56-jährige Hans. Er verdankt Emma sein Leben.
I: Hans, erzählen Sie uns, wie es zu dem Vorfall am Sonntag kam?
H: Es war abends und einiges los am Bahnsteig. Vor mir standen drei angetrunkene junge Männer. Sie haben viel gebrüllt und sich geschubst. Fast wäre einer ins Bahngleis gefallen. Da hab ich gerufen, dass das hier kein Spielplatz ist. (schluckt und knetet seine Hände)
I: Wie haben sie darauf reagiert?
H: Nicht gut. Einer ist gleich auf mich losgegangen und hat mich geschubst. Ich hab gar nicht damit gerechnet und bin hingefallen.
I: Hat Ihnen jemand geholfen?
H: (schüttelt den Kopf) Die meisten sind weggegangen, oder haben zugeschaut. Ich wollte wieder aufstehen, doch sie haben mich lachend getreten und gesagt, ich solle mich um meinen eigenen Kram kümmern.
I: Sie hatten zwei Rippenbrüche und eine Nasenfraktur, wie kam es, dass nicht noch Schlimmeres passiert ist?
H: Emma hat mich gerettet. Sie ist schreiend angelaufen und hat einen förmlich umgerannt. Die andern beiden haben sofort aufgehört und sich ihr zugewandt. Sie haben sie ausgelacht, doch sie hat ihnen einfach eine Standpauke gehalten. (wischt sich eine Träne von der Wange)
I: Die Situation ist eskaliert. Können Sie uns mitteilen, wie es ausgegangen ist?
H: Der Junge am Boden ist wieder aufgestanden und hat sie von hinten gepackt. Er hat gesagt, dass er sich nicht von einer Frau schlagen lassen würde. (stockt, kann nicht mehr weitersprechen)

Wir feiern heute einen wunderbaren Menschen. Unsere heutige Alltagsheldin Emma war immer für andere da, selbst für die kleinsten Tiere hatte sie ein Herz. Noch heute gibt es Terrarien im Tierheim, wo Frösche, Schlangen und auch mal Insekten gepflegt werden. Emma hat nicht nur geholfen, sie hat das Leben vieler erst wieder lebenswert gemacht.
Letzten Sonntag wurde Emma ihre Hilfsbereitschaft zum Verhängnis. Ohne zu zögern, mischte sie sich in die Misshandlung eines Mannes ein. Einer der Täter stieß sie anschließend vor einen durchfahrenden Zug. Emma hatte keine Chance. Sie hinterlässt viele Familien, Obdachlose und tausende Tiere, welche ihr dankbar und in Demut gedenken.

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