Filmreif
Bernd Kebelmann, Stummfilm für einen Freund, dahlemer verlagsanstalt, Berlin 2001, 101 Seiten, € 19,00, ISBN 978-3-928832-11-3
Es gibt immer noch viel, das über das Leben in der untergegangenen DDR zu sagen wäre. Wahrscheinlich wird uns das Meiste dadurch verloren gehen, weil Lebenserfahrung häufig mit denen, die sie erlebt haben, untergeht.
Die vorliegende Erzählung „Stummfilm für einen Freund“ ist ein Stück lebendige DDR-Geschichte, das vielleicht deshalb am Rand vor sich hinstirbt, weil es nicht über einen großen Verlag seine Weg in das gesellschaftliche Bewusstsein geschafft hat. Die Erzählung hätte es allerdings allemal verdient gehabt.
Der Erzähler berichtet von einem Filmabend über den Protagonisten Robert, seines Zeichens Forschungsleiter im Chemiewerk Greifswald und kommunistischer Idealist. Der Film schildert die gemeinsame Zeit vor der Wende bis zum tragischen Tod Roberts. Der Erzähler wird selbst Teil des Handelns und reflektiert Beziehungsgeflechte, Zustände und tragische Verstrickungen, auch politischer Art. Alles wird äußerst nüchtern und beschreibend formuliert.
Der Autor, der sicherlich wesentlich in der Erzählerfigur aufgegangen ist, berichtet dabei sicherlich auch vom eigenen Erleben. Robert wird als Don Quijote Figur beschrieben, die Gutes erreichen will und im herrschenden Stamokap scheitern muss.
Die ebenso distanzierte wie nuanciert wohlwollende Schilderung dieses tragischen Scheiterns wird so unvermittelt zu einem Lehrstück über das tatsächliche Leben in der DDR. Es zeigt, dass der gute Wille, eine bessere Welt zu schaffen, an der Unvollkommenheit der zugrundeliegenden Idee ebenso wie der Handelnden selbst einfach fallieren musste. Es gab trotz allen Bemühens nie eine Chance, den Kampf zu gewinnen. Das bessere Leben anzustreben, reicht eben nicht, wenn die Mittel dazu unweigerlich zum schlechteren Leben führen muss.
Die Erzählung trägt nicht nur im Titel bereits die Aufforderung, sie zu verfilmen. Die Dichtheit der Figurenkomposition, das szenische Material und mancher Dialog wären qualitativ gut genug, einen abendfüllenden Film zu tragen. Es wäre das gesellschaftliche Bewusstsein unseres Landes gut, wenn einmal solch ein Thema, solch eine lebensnahe Geschichte Aufklärung, Information und Verstehen liefern könnten, bevor es bestimmten Kreisen endgültig gelingt, die Geschichte umzuschreiben und sich als unschuldig Versagende zu geben.
Marx hatte in Einem nämlich recht: Das Bewusstsein bestimmt zukünftiges Sein. Nur umgekehrt wird kein Schuh daraus.
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Weltweitweb, im August 2014
Walther