Geschichte des Monats: Die Frau an seiner Seite
Geschichte von Karina Luger
Mein Name ist Olenka.
Gero nennt mich Katja. Katja gefällt ihm mehr, sagt er.
Seit ich hierhergekommen bin, habe ich einen anderen Namen. Ich habe auch ein anderes Leben. Ein viel besseres Leben als daheim.
Geboren wurde ich in einer Stadt 900 km östlich von Moskau. In Moskau habe ich studiert und Gero kennengelernt.
Er hat mich hierhergebracht und mir einen anderen Namen gegeben. Jemand anderer zu sein als daheim, ist kein Problem für mich. Hätte ich in Russland bleiben müssen, hätte ich jetzt vermutlich viele Probleme. Hier nicht. Hier ist es gut. Wenn man Geld hat, ist das Leben überall gut, aber in Russland hätte ich kein Geld.
Jetzt habe ich viele, viele Kleider, ein Zimmer voller Schuhe, einen Schrank voller Handtaschen. ich habe neue Brüste, meine Lider wurden gestrafft und der Umfang meiner Oberschenkel etwas reduziert. Ich mache viel Sport und esse wenig, damit ich Gero gefalle. Er sagt, er ist zufrieden mit mir. Ich bin eine der schönsten Frauen der Stadt. Unsere Stadt ist sehr groß, und er ist stolz auf mich.
Ich achte panisch auf Dinge an meinem Körper, die Gero stören könnten. Haare, Dellen im Gewebe, blaue Äderchen, unangenehme Gerüche, etc. Es gibt Methoden, mit denen man das wegmachen kann. Ich nehme alle in Kauf. Gero will mich makellos.
Ich bin seine zweite Frau. Von seiner ersten Frau hat Gero Kinder. Mit mir will er kein Kind haben. Kinder verbrauchen den Körper einer Frau. Gero möchte meinen Körper genießen. Er möchte auch nicht mehr heiraten. Die Ehe ist ein Gefängnis. Das hat er bei seiner ersten Frau erlebt. ich bin die aktuelle Frau an seiner Seite. Dazu braucht er keinen Ehering. Er mag mich.
Kinder hat er schon. Ein Kind würde die Sache verkomplizieren und unsere schöne Beziehung ruinieren.
Bei uns ist alles schön. Ich bin schön anzusehen, aber ich habe auch einen schönen Charakter. Ich widerspreche Gero nicht, bin sanft, freundlich, geduldig. Und ich bin immer guter Laune. Immer. Gero will mich fröhlich, und ich bin fröhlich. Ich mache ihm keine Probleme. Ich stelle keine Fragen zu Dingen, die mich nichts angehen, und ich bin nicht anstrengend.
Wir wohnen sehr exklusiv. Bei uns ist alles teuer.
Wir haben unsere Frau Müller, die Haushälterin. Sie kocht und hält das Anwesen in Ordnung. Samati aus Nepal putzt bei uns und macht die Wäsche. Abdel aus Syrien betreut den Garten.
Ich führe ein Luxusleben. Meine Aufgabe ist es, für Gero da zu sein, ihm Freude zu bereiten in jeder Hinsicht. Ich teile seine Hobbys mit ihm. Er liebt schnelle Autos. Ich darf mit fast allen seinen Autos fahren. Wir haben sehr reiche Freunde und geben gerne Einladungen. Dafür werden wir auf Jachten eingeladen und zu Jagden nach Botswana.
Die Frauen von Geros Freunden sind auch alle schön. Einige kommen wie ich aus Osteuropa. Wir lächeln einander an, sind freundlich und lustig und wissen um einander, ohne uns etwas zu erzählen. Heimlich schauen wir hinter unseren Rücken, wer von uns die Schönste ist und wer alt und hässlich wird. Hässliche, anstrengende Frauen werden ausgetauscht. Wir genießen unser Leben, wir schönen Frauen der reichen Männer. Es geht uns gut.
Auch Gero ist sehr reich. Er ist Milliardär. Er besitzt einen Süßwarenkonzern. Die Leute wollen Süßigkeiten essen. Gero wird nie arm werden. Das ist gut so. Arm war ich schon. Das will ich nie wieder sein. Ich habe mein Glück gemacht. Ich lebe ein neues, reiches Leben. Gero hat Häuser, Autos, Kleider, Personal und macht mit mir schöne Reisen. Ich bin bestens versorgt. Es geht mir gut. Gero hat krass Kohle, und Geld regiert die Welt. Ich genieße, was Gero mir bietet.
Dass ich meine Familie nicht hierherholen darf, macht mir nichts aus. Ich darf sie einmal im Jahr besuchen. Die andere Zeit braucht Gero mich an seiner Seite.
Russland fehlt mir nicht. Nicht meine Familie, nicht die Weite des Landes, das Klima, die Sprache, die kleinen Besonderheiten. Nichts von alldem fehlt mir. Es geht mir gut. Ich habe so viel Anderes. Alle meine Verwandten beneiden mich.
Ich vermeide es strikt, andere Männer anzusehen. Ich denke nicht daran, dass es bei ihnen Zärtlichkeit geben könnte oder gar Liebe. Ich mache Gero keine Probleme. Auf mich kann man sich verlassen. Ich weiß, was ich an Gero habe und bin sehr zufrieden.
Und ich kaufe. Ich kaufe viel, fast manisch. Ich kaufe mich für Gero immer wieder neu. Erkaufe mir sein Interesse, bleibe für ihn spannend, indem ich mich neu dekoriere, mich neu mit gekauften Dingen behänge, die er noch nicht kennt. Er liebt das. Gero liebt Überraschungen. Geld spielt dabei keine Rolle.
Ich bin Katja. Früher war ich einmal Olenka. Mein Leben hat sich sehr verändert, seit ich Gero kenne. Gero hat Geld, und solange ich ihm gefalle, habe ich auch Geld. Und wenn er noch älter wird, wer weiß, vielleicht heiratet er mich. Dann bin ich finanziell abgesichert.
Ich bin Katja. Ich habe ein schönes Leben. Gero ist glücklich.
Es geht mir gut. Es geht mir gut.
Es geht mir gut.
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