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Hanna-Linn Hava Wild Cover

Wild erzählte Prosa

Rezension von Ronny Thon

Hanna-Linn Hava: „Wild“. kul-ja Publishing, Erfurt 2024. Hardcover (Fadenheftung), mit 22 farbigen Illustrationen der Autorin und Künstlerin Hanna-Linn Hava, 188 Seiten, 25,00 EUR (D), ISBN: 978-3-949260-23-0

Hanna-Linn Hava ist eine Autorin, die Poetik, Provokation und Fantasie meisterhaft miteinander verbinden kann und das beweist sie auch in ihrem Prosaband „Wild“. 2009 belegte sie beim Würth-Preis den zweiten Platz und veröffentlichte seitdem einen Lyrikband und drei Romane, darunter aktuell eine Neuauflage von »Schneewittchens Geister«.

Deklariert als „Erotisch-Phantastische Kurzprosa“ ist der Band „Wild“ ein echter Farbsprenkel in der Literaturlandschaft Thüringens. Verlegt wurde es nämlich vom mutigen Verlag „kul-ja Publishing“ aus Erfurt. Die einzelnen Geschichten werden von einem Zopf roter Haare zusammengehalten, wobei dieser durchaus dicker und vor allem frecher ausfällt als normalerweise der rote Faden in gängigen Texten. Eine mysteriöse junge und gleichzeitig sehr alte rothaarige Frau taucht in jeder Story auf. Unbändig, unzähmbar ist sie eine moderne Momo, die uns »normalen« Menschen die Schwächen aufzeigt. Da sind Männer, die Frauen als Gefäß für ihre Bedarfserotik missbrauchen. Da sind Frauen, die verlernt haben, etwas zu fühlen. Da sind Wesen, die sich Schmerzen zufügen, weil es vielleicht nicht anders geht, überhaupt etwas zu spüren. Da sind Menschen, die ein Anstupsen nötig haben, um selbstbestimmt Liebe und Erotik zu erfahren.

Wer ist die Frau? Was ist die Frau? Fragen, die man sich im Alltag öfter stellen könnte. In „Wild“ wird dies nie wirklich klar. Eine Hexe, eine Göttin, ein Symbol vielleicht? Die Frau mit dem roten Haar zeigt den geneigten Lesern eine ganz eigene Welt der Sinnlichkeit. Was dabei Erotik ist, muss jede Person mit sich selbst ausmachen. Die Texte sind frech, kämpferisch, nachdenklich und hin und wieder sogar erschreckend. Aber auch unglaublich viel Humor steckt in den Zeilen, wenn Kurt Cobain und Oscar Wilde auftauchen, wenn eine Spielzeugladeninhaberin ihre Waren für andere Zwecke benutzt oder wenn der Liebhaber einer Fuchsfrau einen verdienten Denkzettel erhält. Die rothaarige Frau ist Aphrodite, Harlekin und Mahnung in einer einzigen und doch so vielfältigen Gestalt. Vielleicht geht es um das Mann-Frau-Verhältnis. Vielleicht erzählt uns Hanna-Linn Hava etwas aus ihrem Leben. Vielleicht ist es erotisch, phantastisch, beides zugleich und dann doch nichts von alledem.

Es sind diese Fragen, die man beim Lesen aus seinem Hinterkopf fischt, die dieses Buch besonders empfehlenswert machen. Zumindest war das beim Lesen mein Eindruck.

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